Atme ein und wieder aus

Er ist da.
Ganz leise und fein.
Du kannst ihn hören – wenn du einen Moment still wirst:
Dein Atem.
Täglich atmen wir rund 20.000 Mal ein und wieder aus. Und doch schenken wir unserem Atem meist kaum Beachtung. Ein großes Versäumnis, denn: Unser Atem ist ein kraftvolles Werkzeug für unsere körperliche und mentale Gesundheit. Er begleitet uns vom ersten bis zum letzten Moment unseres Lebens, ohne dass wir ihn bewusst steuern müssen – und genau das macht ihn so besonders. Doch wenn wir beginnen, unseren Atem bewusst wahrzunehmen, verändert sich etwas. Wir werden ruhiger, klarer, verbundener – mit uns selbst und dem Moment.
Dein Atem, so kraftvoll wie ein Heißluftballon
Ein gesunder erwachsener Mensch bewegt bei jedem normalen Atemzug etwa 500 Milliliter Luft. Das klingt wenig aber hochgerechnet auf einen Tag ergibt das etwa 10.000 Liter Luft.
Das entspricht dem Volumen eines mittelgroßen Heißluftballons.
Und das Beste daran ist, dass diese Energie steht uns jederzeit zur Verfügung. Wenn du bewusst und tief atmest, nutzt du dein Lungenvolumen besser aus, du versorgst deinen Körper optimal mit Sauerstoff und unterstützt deine innere Balance. Unsere Atmung geschieht unwillkürlich und doch höchst intelligent. Sie passt sich ununterbrochen an die Bedürfnisse unseres Körpers an ganz gleich, ob wir schlafen, rennen, lachen oder weinen.
- Ein Neugeborenes atmet etwa 40–50 Mal pro Minute,
- ein Kleinkind ca. 25–30 Mal,
- und ein gesunder Erwachsener im Ruhezustand etwa 12–16 Mal pro Minute.
Wenn wir uns bewegen oder unter Stress stehen, erhöht sich die Atemfrequenz. In Ruhe darf sie sinken. Und gerade hier liegt das Geschenk: In der Ruhe liegt die Regeneration, und durch achtsames Atmen können wir sie bewusst fördern.
Teamwork unter der Haut
Atmen geschieht durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Muskeln: Allen voran das Zwerchfell, unser wichtigster Atemmuskel, der wie ein Fallschirm unterhalb der Lunge sitzt. Unterstützt wird es von der Zwischenrippenmuskulatur, der Bauchmuskulatur und bei vertiefter Einatmung auch von der Hals- und Schultermuskulatur. Fehlhaltungen, wie ein Rundrücken oder dauerhaftes Sitzen, können die Beweglichkeit des Zwerchfells und der Rippen einschränken mit spürbaren Folgen. Die Atmung wird flacher, wir verlieren an Atemvolumen und oft auch an innerer Ruhe.
Ein natürlicher Rhythmus
Ein gesundes Atemmuster ist tief, gleichmäßig und geräuschlos. Es beginnt in der Bauchdecke, weitet dann die Rippenbögen und erreicht zuletzt den oberen Brustraum. Wichtig ist dabei nicht nur die Ein- und Ausatmung, sondern vor allem auch die Atempause zwischendrin. In dieser kleinen Stille, die zwischen Aus- und Einatmung liegt, finden wir etwas ganz Besonderes:
Einen Moment von vollkommenem Ruhe.
Komm in Verbindung mit dir
Diese kleine Übung kannst du jederzeit und überall machen, um in Verbindung mit dir und deinem Atem zu kommen:
- Setze oder lege dich bequem hin und schließe die Augen.
- Lege eine Hand auf deine Brust, eine auf die Rippenbögen, die dritte – wenn du möchtest – auf deine Bauchdecke (oder wandere mit einer Hand durch die drei Bereiche).
- Beobachte den Atem:
- Wo spürst du Bewegung?
- Hebt sich die Bauchdecke beim Einatmen?
- Weiten sich deine Rippenbögen zur Seite?
- Ist deine Atmung ruhig oder eher gepresst?
Es geht nicht darum, etwas zu verändern. Nur zu beobachten. Und mit jedem Atemzug mehr Bewusstsein entstehen zu lassen.
Kenne deinen Atem
Der Dalai Lama sagt: „Der Atem ist das Bindeglied zwischen Körper und Geist. Wer ihn kennt, kennt das Leben.“ Diese Weisheit trägt viel Wahrheit in sich. Denn unser Atem kann ein Anker sein – in stürmischen Zeiten, in Momenten der Freude, in der täglichen Routine. Atme ein…und wieder aus.
Und schenke deinem Atem und dir selbst die Aufmerksamkeit, die ihr verdient.